Die Silbertannennadel
Es war einmal eine einfache silberne Nadel. Sie hatte große Wünsche und wollte nicht nur mit einem Faden im Ohr durch kaputte Strümpfe fahren. „Dazu bin ich viel zu fein,“ sagte sie sich. „Wer sieht sich jemals mein leuchtendes Silber an,“ fragte sie. Und eines Tages fiel sie mit Absicht aus der Tasche mit dem Stopfgarn, in der sie durch den Wald getragen wurde.
Welch ein Glück, sie landete direkt auf einem Tannenzweig. „Na, na,“ knurrte der Baum. „Was suchst du denn ausgerechnet bei mir. Willst du dich verändern und eine Tannennadel werden?“ Verwirrt nickte die Kleine. „Dann pieke dich fest an dem Ast, auf dem du gelandet bist.“ Das tat die Nadel und wartete. Plötzlich kam ein Mann durch den Wald. „Oh, da steht ein Weihnachtsbaum,“ rief er und packte eine Axt aus. Er schlug die Tanne ab und trug sie auf seiner Schulter davon. „Keine Angst!“ Raunte die Tanne. „Dazu sind wir geboren. Uns hat der Weihnachtsmann gefunden.“ Erwartungsvoll blickte auch die Silbernadel um sich . In seiner Hütte wusch sich der Mann zuerst den Bart und die Hände. Dann holte er eine Kiste hervor und nahm silberne Kugeln, die er zusammen mit der Lichterkette an den Baum hängte. Die Silbernadel freute sich nicht über die Kugeln. „Sie strahlen mehr als ich.“ Dachte sie ein wenig enttäuscht und kniff das Ohr zu, als auch noch die Lichter alles beleuchteten . Dann packte der Weihnachtsmann einen Sack mit Päckchen voll, nahm den Baum und ging vor die Tür. Der Schlitten und ein kleines Rentier warteten auf ihn. Aber es lag ja gar kein Schnee. Nein. Regen fiel vom Himmel. Also rief der Mann einen Freund an, und der kam kurze Zeit später mit dem Auto. „Steig ein!“sagte er, und der Weihnachtsmann war froh, dass er zu dem Kind gefahren wurde, das auf den Weihnachtsmann wartete.
Hier war es nun, wie es immer zu Weihnachten ist. Der Baum stand. Das Kind trug ein Verschen vor. Der Weihnachtsmann ließ die Lichter leuchten und beschenkte das Kind und die Eltern. Später ging der Weihnachtsmann nach Hause, und der Baum strahlte bis zum späten Abend. Das Kind lag mit seinem neuen Bärchen im Bett und träumte vom Weihnachtsmann. Die Mutter saß unterm Baum und ruhte etwas aus. Plötzlich fiel ihr die Silbernadel auf. „Nanu,“sagte sie . „Das ist doch kein Silberschmuck und keine Tannennadel. Das ist… wie kommst du denn hierher? …meine Stopfnadel, die ich den ganzen Tag gesucht habe und so nötig brauche. “ Die Nadel schämte sich etwas. Doch die Mutter nahm sie vorsichtig an sich, küsste sie sogar, und lobte das Glitzern. Da erlebte sie nun die richtige Bewunderung und wurde mehr beachtet und gebraucht als alle Weihnachtskugeln zusammen, denn keine von ihnen könnte beim Strümpfestopfen helfen. Die Silbernadel aber blieb von nun an wieder eine stille, nützliche Helferin.