Indien – im Hafen von Mundra
Wir liegen im Hafen und alles geht seinen Gang.
Hier werden richtig viele Container mitgenommen
und viele der leeren, die wir an Bord hatten,
ausgeladen. Das Gleiche passiert dann nochmal
in dem zweiten indischen Hafen, wo wir an Land
gehen wollen.
Heute will ich versuchen, aufzuschreiben, worin
die Bürotätigkeit des Kapitäns besteht, bevor
wir einen Hafen anlaufen.
Wir haben uns vor ein paar
Tagen darüber unterhalten, dass die meisten Leute
wahrscheinlich denken, ein Kapitän steuert das Schiff.
Peti sagte mir, dass dies auch in alten Zeiten nicht
so war. Aber heute hat sich das Berufsbild durch die
moderne Technik völlig verändert. Früher gab es Funker,
die die Korrespondenz an Bord regelten. Heute macht
das alles der Kapitän. Er hat oben auf der Brücke den
Hauptcomputer.
Dort kommen alle Mails an und von da
werden sie auch weggeschickt. Peti empfängt Post von
der Reederei, vom Charterer, von den Hafenbehörden und
von anderen Stellen. Er muss sie lesen und an die
Adressaten verteilen. Jeder Hafen möchte haufenweise
Dokumente haben. Für diesen Hafen in Mundra trafen 15
Mails ein. In jeder steht eine neue Forderung. Alles
verstehe ich nicht, besonders die technischen Dinge
sind mir meist ein Rätsel. Aber zum Beispiel brauchen
alle Häfen mehrere Crewlisten. Könnte einfach sein.
Man könnte doch überall die gleiche Liste ausdrucken.
Aber nein, jeder Hafen hat sein eigenes Formular und
akzeptiert kein anderes. Auch die Reihenfolge ist
unterschiedlich. Bei manchen steht der Vorname an
erster Stelle, bei anderen der Familienname. Die Pässe
müssen kopiert werden. In Karatschi zum Beispiel
brauchten wir von jedem Pass zwei Kopien und dazu die
Seemannspatente, die in großen Mappen, ähnlich wie
Zeugnismappen jeder Seemann beim Aufsteigen auf ein
Schiff beim Kapitän abgibt. Da konnte ich mich beim
Kopieren ein wenig nützlich machen.
Andere Unterlagen müssen über das Schiff Auskunft geben.
Wie lang, wie breit, wie tief liegt es, wie ist es
beladen. Wie viel Brennstoff ist an Bord. Gibt es
Frischwasser oder Trinkwasser. Gesundheits- und
Hygienebescheide müssen auf dem neusten Stand sein. In
einem Hafen musste sogar die Körpertemperatur der
Besatzung angegeben werden. Listen für den Zoll müssen
angefertigt werden. Darauf steht, welche technischen
Geräte jeder mit sich führt und wie viel Geld. Bestimmte
Kontroll-,Besichtigungs-, und Wartungstermine werden
vorbereitet. Zum Beispiel wird hier im Hafen ein
riesengroßer Tank gereinigt. 33 Leute (Inder, nicht
die Besatzung) arbeiten an dieser Aufgabe. Das ist nötig,
weil in den USA, wohin das Schiff wieder fährt,
schärfere Bestimmungen betreffs des Brennstoffs vorgegeben
sind. Peti muss einige Unterlagen an die Reederei auch
per Post verschicken. Und wenn der Computer kaputt ist,
kriegt er ellenlange Anweisungen, wie er ihn reparieren
soll, wofür er keine Zeit hat und was auch nicht zu
seinem Aufgabenbereich gehört, weil es Wartungsverträge
mit einer Firma dazu gibt. Dann muss er sich mit den
Leuten auseinandersetzen, bis sie dann von einem Hafen
endlich jemanden schicken, der sich der Sache annimmt.
Sicher habe ich einiges nicht erwähnt, bevor er an
seinem Computer wieder irgendein Blatt ausfüllen muss.
So sieht es aus, wenn alles leer
ist und die Container fort sind