Der Kanal

Liebe Huxlipuxer, nun hat es zum Glück doch so geklappt,
dass wir den Suezkanal bei Tag befahren. Das heißt,
inzwischen ist es schon dunkel, aber wir sind nach einer
Nacht, in der wir vor Suez zu Anker lagen, heute gegen 11
Uhr aufgebrochen und es war recht interessant. Zwar war
der Himmel bewölkt, aber ich konnte viel sehen,  vor
allem viele LKWs, die durch den Wüstensand fuhren. Man
baut an einer Erweiterung des Kanals. Zur Erklärung:
zwischen zwei Teilen des Kanals liegt ein See, der
Große Bittersee. Die Schiffe, die von beiden Seiten
kommen, mussten dort bisher  ihren Anker werfen, damit
die jeweils anderen vorbei konnten. Im Moment geht der
Konvoi immer nur in eine Richtung und die anderen warten
vor dem Kanal. Das dauert natürlich lange, und weil in
der heutigen Seefahrt Zeit Geld ist, wird in Ägypten
daran gearbeitet, zwischen dem Bittersee und dem
Mittelmeer einen zweiten Kanal zu bauen. Das ist keine
einfache Aufgabe. Der Lotse sagte uns, dass dieser
eigentlich erst in fünf Jahren fertig werden sollte.
Der neue ägyptische Präsident hat aber den Kanal zum
Schwerpunkt gemacht. Schon in einem halben Jahr sollen
die Schiffe durchfahren können. Mehrere Billiarden
Dollar soll das kosten, was man aber hinterher durch
die verbesserten Bedingungen wieder einholen wird.
20000 Menschen arbeiten an diesem Riesenprojekt. Und so
sieht man auf der Strecke überall Bagger (wie der grüne
auf dem Foto), die über lange Rohre den Sand ausbaggern.
Die hohen Sandberge sind nicht immer schon dort gewesen.
Eigentlich war das Land flach. Es ist der ausgebaggerte
Sand. Erst dahinter entsteht der zweite Kanal. Der liegt
dann auf der asiatischen Seite. Auf der anderen ist ja
der afrikanische Kontinent. Aber beide Teile gehören
zu Aegypten.
Um von der einen Seite des Kanals zur anderen zu kommen,
stehen die Autos Schlange vor den Fähren, die sich
zwischen den großen Containerschiffen zur anderen
Uferseite durch schlängeln. In den Wüsten gibt es auch
Städte oder kleinere Orte. Man hat dort einen
Süßwasserkanal errichtet,  der das Wasser vom Nil bekommt.
So sieht man auch Grünes wachsen. Vielerorts scheitern
allerdings Versuche, zum Beispiel eine Palmenplantage
zu errichten, am Sandboden. Die Willkommensschilder und
das Mosaik fotografierte ich, als wir an der Stadt Ismail
vorbei fuhren. Dort stiegen neue Lotsen ein. Einer
zeigte mir gleich die Sehenswürdigkeiten und half mir
Fotos zu machen, was nicht so einfach war, weil wir von
einer Seite zur anderen auf der Brücke rennen mussten
und es draußen ziemlich windig war. Wir haben uns gleich
ein wenig unterhalten. Er zeigte mir Fotos von seiner
Silvesterfeier und ich sagte ihm, dass ich gedacht hätte,
die Ägypter würden in dieser Nacht schlafen. Aber das ist
nicht so. Sie sind ja Moslems und feiern kein Weihnachten,
dafür aber Silvester in großem Stil, meist wohl in Pubs,
wo es zu essen und zu trinken (allerdings keinen Alkohol)
gibt und wo getanzt wird. Silvesterfeuerwerk gibt es nicht.
Es ist wohl auch nicht erlaubt, wenn ich ihn richtig
verstanden habe. Er zeigte mir Fotos von seinen beiden
Kindern. Die Tochter lebt in den USA und hat gerade erst
vor kurzem einen Amerikaner geheiratet. Zur Hochzeit ist
er mit seiner Frau nach Texas gefahren. Ich
revanchierte mich mit Bildern von meinen Kindern und wir
befreundeten uns bei Facebook.
In etwa einer Stunde sind wir raus aus dem Kanal und
fahren wieder ins raue Mittelmeer, wo uns ab Freitag
nochmal heftige Stürme erwarten. Ich fand es heute schon
kälter als gestern und muss wohl langsam wieder die
langen Sachen vor holen.
Es grüßt euch Katrin, nur noch eine Stunde vor mit der Uhr

 

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