Tante Linas Märchen
Das goldene Teekännchen
Kommt ganz nah heran und hört zu. Eine Ente erzählte mir die Geschichte:
Die Tiere im Märchenwald hatten gehört, dass es modern sei, eine Teekanne zu besitzen und am Nachmittag Gäste zu bewirten. Tief im Wald sollte es eine riesengroße Geschirrfabrik geben. Die Neugierigsten waren die Ameisen. Sie schickten den Ameisenvater zu der Fabrik. Das war ein weiter, weiter Weg für die kleinen Ameisenbeinchen. Alle hatten schon fast vergessen, wonach er ausgezogen war. Aber dann – eines Tages, nach fast einem Jahr kam der Ameisenpapa wieder und hatte ein winziges rotes Teekännchen mitgebracht. „Was soll das?“ fragten die Elefanten. „Willst du uns vielleicht Tee aus diesem Kännchen einschenken?“ Beleidigt lief der Ameisenvater in seine Wohnung. Noch nie hatte ein Elefant auch nur ein Wörtchen mit einer Ameise gesprochen, und Tee wollten die Ameisen sowieso nur mit ihren Verwandten trinken. Und die freuten sich über ihre Teekanne.
Das aber ließ den Elefanten keine Ruhe. Und der dickste von ihnen machte sich auf den Weg, die Geschirrfabrik zu finden. Mit riesigen Schritten stampfte er durch den Wald. Und schon nach einer Woche war er wieder da. Seine Teekanne war so groß wie ein halbes Fischerboot. Da konnten sie nun auch Tee trinken am Nachmittag mit ihren Verwandten.
Nur die Enten regten sich ein wenig auf. „Wir können weder mit den Ameisen noch mit den Elefanten Tee trinken.“ Die Entenmutter wollte sich nun selbst auf den Weg machen und auch für ihre Familie eine Teekanne besorgen. „Eine goldene!“ rief ihr das kleine Entenmädchen nach. Und wirklich, die Mutter fand die allerletzte kleine goldene Teekanne. Sie kochten Entengrützentee und auch welchen von Seerosenblättern. Gemütlich schnatternd saßen sie beieinander und tranken Tee. Eines Tages sollte das kleine Entenmädchen die Teekanne abwaschen. Es nahm die Kanne also mit hinaus an den See, denn Spülmaschinen gibt es bei den Enten nicht. Und da -plumps,
entglitt sie ihr und versank in der Tiefe. Alles Tauchen nutzte nichts. Das goldene Teekännchen blieb verschwunden. Das wollten die anderen Enten natürlich nicht hinnehmen, und sie suchten immer weiter und überall, tauchten die Köpfchen in das Wasser, hoben dabei die Schwänzchen in die Höh‘. Doch keine von ihnen hat jemals die Teekanne entdeckt.
Und wenn du wissen willst, ob das eine wahre Geschichte ist, dann geh mal dahin, wo du Enten findest. Immer wieder stecken sie die Köpfe ins Wasser. Sie suchen und suchen und suchen auch heute noch.