Wenn Treppen verreisen
Neues aus dem Märchenhaus
Eines Tages war es geschehen. Die Treppen waren verreist. Welche Treppen? Einfach alle aus der kleinen Stadt Wiesowann? Der alte Hausmeister Robert hatte ihnen erzählt, dass jeder mal Urlaub braucht und sie auch. Tag für Tag treten die Leute auf ihnen herum, gehen hinauf und hinunter. Manche von ihnen knarren schon, so alt sind sie. Also hörten sie gern Herrn Roberts Ferienvorschlag und gingen am Montag in aller Frühe los. Wenn Treppen wandern, machen sie einen ganz schönen Krach. Sie klapperten die Straßen entlang. Opa Robert sah ihnen vom Fenster aus nach. Er hat es gut, denn seine Wohnung liegt unten, parterre. Er braucht keine Treppe. Aber alle anderen Leute schon. Als Fritzchen zur Schule gehen wollte und die Wohnungstür öffnete, sah er ein Loch. Die Treppe war weg. „Hurra, schulfrei“, juchzte er und legte sich wieder ins Bett. Im Nebenhaus gab es einen Fahrstuhl. Fritzchens Freund Max, der dort wohnt, musste also zur Schule. Aber -trotzdem konnte dort kein Unterricht stattfinden, denn auch die Schulhaustreppen waren verreist. Max ging fröhlich wieder nach Hause. Ein völliges Durcheinander herrschte in ganz Wiesowann. Einzig die Feuerwehrleute rutschten vom 1. Stockwerk hinab durch die Röhre die von ihrem Aufenthaltsraum hinunter zu den Autos führt. Sie wurden gerufen, als der Doktor nicht zur kranken Frau Krause in das 3. Stockwerk kommen konnte. Die Feuerwehr fuhr ihre Leiter hoch hinauf. Der Doktor musste durchs Fenster zu der Frau klettern. Aber überall, wo sie gebraucht wurden, konnten die Feuerwehrleute nicht sein. Es gab nur eine Notwendigkeit, die Treppen sollten schnellstens zurück gelockt werden. Aber womit kann man Treppen locken? Mit neuen, schicken Geländern? Das würde zu lange dauern. Man müsste sie erst bauen. Vielleicht mit Bohnerwachs, der schmeckt Treppen nämlich. Aber dagegen protestierte Opa Robert. „Gebohnerte Stufen sind gefährlich für alte Menschen, die würden rutschen, fallen und sich etwas brechen. “ Das sahen alle Wiesowanner ein. Und so überlegten sie immer neue Lockmittel für ihre Treppen. Von Bonbons, Schokolade und Himbeereis bis schöne Putzlappen reichten die Vorschläge.
Die Treppen aber sind alle weit weg im Land der Berge. Neidisch blickten sie auf die anderen Urlauber, die über sie hinweg stiegen und die Berge hoch kletterten. Weil die aber so hoch sind, dass keine der verschiedenen Treppen bis zur Spitze reichte, wurden sie sehr ärgerlich. Klappernd und lärmend stellten sie fest, dass Urlaub nur was für Menschen ist, nichts für Treppen. Und so wanderten sie die ganze Nacht durch zurück zu ihren Häusern nach Wiesowann. Am Morgen war es geschafft. Sie freuten sich wieder daheim zu sein.
Opa Robert kommt es so vor, als hätte er alles nur geträumt. Bloß Fritzchen und Max, die kleinen Faulpelze, die ungern zur Schule gehen, sagen „Schade dass es Treppen gibt“. Na so was!