Unser Schiff läuft in den Hafen ein. Wenn das Schiff
unterwegs ist, kann es manchmal einige Wochen dauern,
bis es wieder in einem Hafen anlegt. Es gibt aber
auch ganz kurze Abstände von nur einem Tag. Diese
erfordern eine besonders gute Konstitution des Kapitäns.
Er muss dann von der Brücke aus alles koordinieren, oft
viele Stunden lang. Die Strecken, die man bis zum
Erreichen des Liegeplatzes zurücklegt,dauern oft mehrere
Stunden. Auf unserer Reise sind sie kürzer. In den
Gegenden, wo viele Schiffe unterwegs sind, muss man
gut aufpassen. Deshalb ist neben dem Dienst habenden
Offizier und dem Wachmatrosen der Kapitän dabei.
Er sitzt
auf seinem Sessel, von wo aus er das Radar beobachten
und mit allen wichtigen Leuten sprechen kann. Über die
UKW-Anlage rufen die Hafenbehörden an, mit dem Walkie
Talkie erreicht er die Crew an Bord, wo jeder seine
spezielle Aufgabe hat, die im Hafen oft eine andere ist
als auf der Seereise. Ich würde aus meiner Sicht sagen,
das am meisten vom Kapitän benutzte Arbeitsgerät ist
neben dem PC dieses Walkie Talkie. Dazu kommt als Drittes
das Fernglas, mit dem man Ausschau halten kann. Nachts
ist es auf der Brücke völlig finster. Nur zwei Arbeits-
räume sind erleuchtet, aber mit dicken Vorhängen von
der eigentlichen Brücke abgetrennt, sodass man wie
blind herum läuft, zumindest, wenn man aus dem Hellen
kommt. Obwohl das Schiff beleuchtet ist, sieht es auch
draußen ganz dunkel aus. Keine Scheinwerfer wie bei
einem Auto, die das Meer beleuchten.
Nun ist ja zum Glück dort auch weniger Verkehr als auf
unseren Straßen. Das Meer ist so weit, dass man
es nicht beleuchten kann.
Wenn der Kapitän also auf der Brücke ist, nimmt er
Verbindung zum Lotsen auf.
Jeder Hafen hat diese Männer,
die sich in der Umgebung bestens auskennen und deshalb
den sichersten Kurs empfehlen können, so dass das Schiff
nicht etwa auf Grund läuft. Der Lotse kommt mit einem
kleinen Boot und steigt über die Lotsenleiter auf das
Schiff.
Er nimmt Platz neben dem Kapitän, bespricht die
Route, trinkt einen Kaffee und fragt gern, ob es auch
etwas zu essen gäbe.
Der Matrose bedient nun das Steuer, der Lotse sagt den
Kurs an, den sowohl Kapitän als auch Matrose wiederholen.
Das hört sich lustig an, ist aber nicht spaßig gemeint.
Man geht damit sicher, dass es richtig verstanden wurde.
Der Kapitän reguliert von seinem Platz aus die
Geschwindigkeit. Wenn das Hafenbecken erreicht ist, dreht
das Schiff, damit es vorwärts wieder ausfahren kann.
Manchmal denke ich, der Platz dazu würde nicht ausreichen.
Aber auch da verschätzt man sich als Ungeübter leicht.
In der letzten Phase wird das Schiff durch den Kapitän
von außen gesteuert. Er öffnet den Außenfahrstand (ein
weißer Kasten)und dirigiert das Schiff von dort aus ganz
langsam an die Pier. Dabei unterstützen ihn ein bis zwei
Schlepper, die vorher mit dicken Leinen an Deck fest
gemacht werden. Zum Einsatz kommt auch hier wieder das
Walkie Talkie, denn jetzt müssen die Matrosen bereit
stehen. Sie geben auf Anweisung des Kapitäns als erstes
eine Wurfleine an Land, mit der die dicken
Festmacherleinen zur Pier gezogen werden. Dann ist es
soweit. Wir stehen. Man hört keine Bremsen, nichts schlägt
an. Die Maschinen und Gebläse laufen weiter. Wenn ich in
der Kammer bin, merke ich gar nicht, dass wir jetzt
festgemacht haben. Die Gangway wird herausgefahren. Es
kommen verschiedene Leute an Bord. Der Kapitän hat noch
nicht Feierabend, denn er muss sie alle empfangen; die
Gesundheitskontrolle, den Zoll, die Einreisebehörde und
andere. Dann werden sofort die Kräne, die uns eben
noch senkrecht empfangen haben, runter gefahren und das
Umladen der Container (der Fachmann sagt: das Löschen)
beginnt. Egal zu welcher Zeit. Im Hafen wird rund um die
Uhr gearbeitet. Ist alles fertig, fahren die Kräne wieder
hoch und die Reise geht weiter. Kein Schiff darf noch bis
zum Morgen liegen, damit die Mannschaft ausschlafen kann.
Zeit ist Geld. Das gilt für die Seefahrt heute im höchsten
Maße. Deshalb kommen die Seeleute nur sehr selten an Land
und haben nicht mehr so schöne Stories zu erzählen, wie
man das aus Filmen kennt. „Ein Glück, dass wir nur Gäste
sind und es zu Hause in Huxlipux gemütlicher zugeht."
seufzt der Professor, während Egon schon wieder die
Gangway runterklettert, um die großen Fahrzeuge, die die
Container heran karren, besser sehen zu können.