Till aus Kuba
Dieser Beitrag ist mehr für die Eltern oder ältere
Geschwister. Er kommt von unserem Administrator Till Schrader
Hallo meine Reisebegleiter im Geiste, viele Grüße aus
Bayamo, wo die sozialistische Welt noch in
Ordnung ist. Hier gibt es so gut wie keine Touristen und
ich genieße es sehr, nicht immerzu von Leuten angesprochen
zu werden, die letztlich doch nur mein Geld wollen. Gestern
Abend habe ich auf der Strasse vor einem Zentrum
zur Forderung junger Kunst zwei Typen getroffen, mit
denen ich den ganzen Abend verbracht habe. Der eine ist
Schachprofi, 29 Jahre, tiefschwarz und ziemlich sportlich,
der andere Künstler für Tonkunst, 42 Jahre, hellweiss,
mit langem lockigem Haar und eingefallenen Gesichtszügen.
Sie wirken so unterschiedlich, wie es nur geht, sind aber
gute Freunde, wahrscheinlich auch durch ihre Leidenschaft:
den deutschen Rock, Rammstein, die Scorpions und co. Wir
gehen ins Kulturzentrum; da es schon halb zwölf ist,
ist nicht mehr viel los, aber es wird zumindest noch Musik
gespielt. Ich lade die beiden für umgerechnet 1 Euro auf
eine riesige Flasche Rum ein.
Wir trinken aus einem
ehemaligen Joghurt-Becher, zunächst zu dritt, später
kommen immer mehr Leute dazu.Sie stellen mir jeden vor,
auch den DJ, der dann nach kitschiger amerikanischer
Musik (umso kitschiger, umso beliebter hier), doch noch
extra für mich Los Van Van und andere kubanische Musik
auflegt und behauptet, ein Onkel von ihm habe bei Van
Van Perkussion gemacht. Die Leute sind so ehrlich, dass
ich es ihm abnehme. Und sie sind aufrichtig offen,
interessieren sich, erzählen viel, aber sie jammern
nicht immerzu, um mein Mitleid zu wecken. Um zwei Uhr
ist Schluss für mich und sie bringen mich noch zur Casa.
Heute will ich den Zug in ein noch untouristischeres
Örtchen – Manzanillo – nehmen. Ich bin gespannt, wie
es dort ist und freue mich schon auf die Zugfahrt und
vor allem darauf, das Meer wieder zu sehen. Angeblich
gibt es dort auch einen Malecon.
Es gibt noch so viel
zu erzählen, dass ich tagelang hier im Internetsaal
verbringen könnte..
Aufgeregte Grüße von eurem Exildeutschen Tilli