Neue Märchenspeise für Märchenhungrige
Das Teekesselchen
Es hat mir seine Geschichte erzählt und ich habe auch sie für Euch aufgeschrieben.
Wie Du weißt, Hasenoma, bin ich eine Eieruhr. Ich wurde dazu auserkoren, den Leuten zu melden, wenn die Eier 5 Minuten gekocht hatten. Ich läute dann und sie könnten die Eier aus dem Wasser nehmen.
Meine Besitzerin, auch eine Oma, schreibt viel am Computer. Darum hat sie mich erworben, sie immer zu erinnern, wenn etwas genug gekocht hat. Neulich aber war Folgendes: Ich hörte sie furchtbar lamentieren und auf sich selbst schelten. Die Kartoffeln waren angebrannt. Sie hatte mich unter einen Stoß Zeitungen verkramt und nicht daran gedacht, mich einzuschalten. Der Topf war hin. Sie hatte keine Lust mehr ihn sauber zu kratzen und warf ihn fort. Dann entdeckte sie mich und ich bekam den Platz gleich unter ihrem Monitor. Nun wollte sie mich nie mehr vergessen. Das fand ich sehr schmeichelhaft und spiegelte sie in meinem blanken Silberkörper. Das gefiel ihr und sie meinte, da brauche ich ja gar keinen Spiegel mehr. Ich freute mich.
Es gibt vielerlei Formen von Eieruhren. Ich stamme aus einer sehr großen Familie mit kleinen Uhren, die wie Hühner aussehen oder auch wie ein buntes Ei oder noch anders. Aber ich wurde zu einem Teekesselchen gemacht. Rings um meinen Bauch sind Zahlen gedruckt. Die beginnen bei Null und gehen bis 55. Wenn man mich ganz aufdreht, laufe ich eine Stunde, ehe ich läute. Wofür braucht man eine ganze Stunde Zeit? Na, zum Beispiel, wenn man eine Sendung im Fernsehen angucken will, die genau in einer Stunde beginnt, was man sonst über anderer Arbeit vergessen würde.
Die Sonnenbrille
Du hast mich aus der Sommertasche von meiner Besitzerin gekramt, Hasenoma. Wozu? Im Herbst werde ich doch nicht gebraucht, erst wieder im Winter. Du staunst? Natürlich. – Wozu braucht man eine Sonnenbrille? Sie soll die Augen schützen vor allzu grellem Licht, wie es die Sonne im Sommer, besonders an der See verbreitet oder aber im Winter, wenn sie auf den weißen Schnee scheint und ihn wie funkelnde Kristalle blitzen lässt.
Einmal stieg die Besitzerin ins Auto und wollte losfahren. Aber sie suchte die Brille vergeblich in ihrer Tasche. Und ohne konnte sie nicht fahren, sie würde nicht gut sehen können. Also lief sie zurück ins Haus und suchte mich. Sie schaute in die andere Handtasche, in die Schürzentasche, in das Schubfach. Sie fand mich nicht. Da ich, wie alle Brillen, natürlich keine Stimme habe, dauerte es eine halbe Stunde, ehe sie mich in einer Blusentasche fand, die sie noch schnell in die Waschmaschine stecken wollte. Nun war es für eine Fahrt zu spät geworden. Ehe wir ankommen würden, hätte der Laden, den sie erreichen wollte, schon geschlossen. Ja, ja, die Vergesslichkeit. Die spüren Brillen besonders. Das weiß ich aus dem Brillengeschäft, wo ich einmal zur Reparatur war, weil sich jemand auf meine Gläser gesetzt hatte. Da waren noch viele andere Sonnenbrillen und alle hatten so ihre Geschichten. Eine hatte von Sand zerkratzte Gläser. Sie war eine Kinderbrille und hatte am Strand gelegen. Auch sie bekam eine Brillentotaloperation, denn durch sie konnte keiner mehr etwas erkennen. Na, nun legt mich bitte wieder ins Etui und steckt mich in den Kasten in der Flurgarderobe. Von allein laufe ich da nicht weg.