Der süße Wolf
Erdacht vom Hasenopa Karl
Eine Ziegenmutter hatte sieben junge Geislein, wie man die Ziegenkinder nennt. Sie führten ein fröhliches Leben, und die Mutter verwöhnte die Kinder gern. Das kleinste Geislein hatte sich im Garten in der hintersten Ecke eine Höhle gebaut und mit Heu ausgelegt.
Die Ziegenmutter backte Krapfen mit Rosinen und schüttelte Puderzucker darüber. Jedes Zicklein bekam eine Schüssel mit diesen beliebten Süßigkeiten. Unser kleinstes Geislein trug seine Kostbarkeit in die Höhle. Als es gerade den ersten Krapfen in den Mund stopfte, teilte sich die Hecke und zwei lustige Wolfsaugen schauten herein. „Hm,“ machte der Wolf, „das riecht aber auch gut.“ Und er schaute sehnsüchtig auf die Schüssel. „Nimm Dir nur. Ich schaff sowieso nicht alle,“ das Zicklein wies auf die Krapfen. Der Wolf langte zu, und ratzbatz hatten sie alles verspeist. „Danke!“ sagte der Wolf. „Und grüß Deine Mama!“
Als die Mama in die Stadt zum Einkaufen ging, holte das jüngste Zicklein den Wolf herein. „Man sagt, Du bist ein Vielfraß!“ sagte das älteste Zicklein. „Magst Du auch Bonbons?“ Der Wolf nickte. „Frisst Du auch Hühner?“ fragte das zweite Zicklein. „Iwo.“ Der Wolf schüttelte sich. „Sie sind doch die Eierleger. Warum sollte ich sie fressen, und wo bleiben dann die schönen Eier?“
„Und Ziegen und Kinder frisst Du auch nicht?“ – „Niemals!“ entrüstet schüttelte der Wolf den Kopf. „Sie bringen mir Süßigkeiten, und oft speise ich das gleiche gern wie sie. Zum Beispiel rohe süße Mohrrüben und Schokolade.“ Nach einer Weile, in der sie spielten und lachten, hörten sie von fern die Fahrradklingel der Mutter. „Versteck dich!“ sagte das jüngste Zicklein, denn es wusste, die Mutter mochte es nicht, wenn sie jemanden herein ließen während sie nicht da war. So schob es den Wolf in den Uhrkasten. „Ihr seid sehr brav!“ lobte die Ziegenmutter und fügte hinzu, dass sie Krapfen backen würde. Schon bald bruzzelte es, und der süße Duft stieg auch in den Uhrenkasten. Da schlug die Uhr sieben Mal und der Gong stieß dem Wolf an den Kopf, dass er sich rasch befreite. Die Ziegenmutter hat nicht geschimpft. Ein Krapfen war auch noch für den Wolf da, und dann bedankte sie sich bei ihm, dass er so nett mit den Kindern gespielt hatte. Sie holte eine Riesenmöhre aus dem Korb und schenkte sie dem Wolf. Und fröhlich knabbernd zog er des Weges.