Zim Ontario
Jetzt kommt meine Jahreszeit!
Hier spricht wieder mal Klugi: Mir erzählten vorbei fliegende Riesenvögel, dass sie schon mal in England waren. Dort nennen sie solche kleinen wie mich, die Rotkehlchen, Weihnachtsvögel. Leider wussten sie sonst nichts weiter, ob die Rotkehlchen Weihnachtsmänner sind? Aber was können wir schon tragen? Oder ob wir Schmuck an den Tannenbäumen der Leute sind? Vielleicht weiß es ja Kapitän Peter. Der ist der klügste Mensch, den ich kenne. Aber der ist so beschäftigt, dass man ihn augenblicklich gar nichts fragen kann. Was wird wohl bloß in den Riesencontainern sein, die wir aus China nach Amerika schleppen? Ob es Weihnachtsgeschenke für Kinder sind? Aber ich kann picken soviel ich will. Aus den Containern kommt kein Ton.
Dr. Grauohr rät:
Gruß aus Huxlipux an Kapitän Peter! In einem hast Du es gerade besser als wir, Du erlebst zwar auch Stürme, und die Wellen versuchen, mit Deinem Schiff Fangen zu spielen, aber der November ist doch wohl viel fröhlicher auf dem Meer. Und wärmer als hier ist es wohl auch? Unser Postauto musste heute früh lange frei gekratzt werden. In der Nacht legte sich weißes Gekräusel auf Autoscheiben, Gräser und herunter gefallene Blätter. Ich musste viele Zitronen für triefende Nasen und heisere Hälse verordnen. Hasenoma dagegen redet allen, die keinen Himbeertee kochen können Äpfel ein. Apfeltee, Apfel essen! Also Gesundwerden haben manche schon nötig, Gesundbleiben ist für alle angesagt. Das wünschen wir Dir und Deiner netten Besatzung natürlich auch! – Wenn wir uns auch noch nicht persönlich kennen, so schreibe heute ich – der fast wichtigste Bewohner von Huxlipux! Dr. Grauohr, Eselsarzt.
Hinaus aufs weite Meer
Da bin ich wieder, um euch von meinen Reiserlebnissen zu berichten. Zum Glück brauche ich mich nicht mehr zu verstecken. Ich darf mich überall umsehen, wenn ich die Männer, die auf dem Schiff arbeiten, nicht störe. Und so fliege ich hin und her und betrachte mir alles, was sich an Bord und auf dem Wasser tut.
Hongkong haben wir hinter uns gelassen. Jetzt werden wir drei Wochen über den Pazifik fahren. So heißt der große Ozean. Er glitzert blau im Sonnenlicht. Ich fliege ein Stück hinaus,
kehre aber schnell wieder um, als ich bemerke, wie schnell das Schiff fährt. Wenn es weg ist, bin ich allein über dem Riesenozean und weiß nicht, wie ich den Weg nach Hause finden soll.
Die frische Meeresluft hat mich müde gemacht und ich suche nach einem Plätzchen zum Schlafen. Es ist sehr laut auf dem Schiff. Unentwegt hört man einen Brummton. „Was ist das für ein Geräusch?“ frage ich den Kapitän, als wir beide wieder in seinem Zimmer sind, das man hier Kammer nennt. Der Kapitän sitzt auf seinem gemütlichen Schreibtischsessel vor dem Computer, und ich habe auf dem Bildschirm Platz genommen, so dass wir uns beide in Augenhöhe ansehen können.
„Das kommt aus dem Maschinenraum, der viele Etagen unter uns liegt“, erzählt Kapitän Peter. „Dort wird unser Strom erzeugt und das Wasser aufbereitet und das Wichtigste, dort ist unser Motor. Ohne den könnten wir nicht übers Meer fahren. Das alles kannst du dir demnächst mal ansehen.“
„Jaaaa,“ zwitschere ich, in mein Vogelhirn passen die vielen fremden Begriffe nicht rein. Ich muss mir selbst ein Bild machen können.“ Der Kapitän streut ein paar Körner in eine Untertasse. „Hier, die habe ich noch schnell in China für dich besorgt. Sonst verhungerst du an Bord.“
Ich freue mich darüber, denn vor lauter Aufregung habe ich nicht daran gedacht, wie ich mich auf dem Schiff ernähren könnte. Nach dem Picken der Körner fallen mir die Augen zu. Wo ist denn hier ein gemütliches Schlafplätzchen? Ich sehe mich um in der Wohnung des Kapitäns. In seinem Bett möchte ich lieber nicht schlafen, sonst zerdrückt er mich wohlmöglich. Nachdem ich eine Flugrunde ums Zimmer gedreht habe, weiß ich, wo ich mich ausruhen kann.
Eine Grünpflanze mit vielen Blättern ist der richtige Platz. Gerade kann ich noch erkennen, dass es keine echte Pflanze sondern eine künstliche ist, da schlafe ich auch schon tief und fest.
Ein langer Piepton reißt mich aus dem Schlaf. Es ist dunkle Nacht, aber auf dem Brett neben einem der Computer blinken ein paar Lämpchen. Kapitän Peter erhebt sich aus dem Bett. „Keine Angst, Klugi, das ist nur ein Alarm im Maschinenraum. Da geht jetzt ein Ingenieur runter und beseitigt die Störung. Gleich ist alles wieder ruhig. Nun zitter mal nicht, du bist auf einem Schiff, das größer ist als ein Haus. Hier passiert dir nichts. Schlaf weiter!“Er setzt sich an den Tisch.
Das Piepen hat inzwischen aufgehört und ich stecke meinen Kopf zwischen das Gefieder. Im Schlaf träume ich von der großen Wiese hinter dem Haus von Katrin, wo meine Freunde jetzt herum fliegen und vielleicht an mich denken.
Wenns nicht gerade geschneit hat. Habe vorhin erfahren, in Leipzig und in Thüringen ist gestern der erste Schnee gefallen. !